Stille Gesellschaft: Definition, Gewinnbeteiligung, Geschäftsführung & Steuerrecht

stille Gesellschaft
Was ist eine stille Gesellschaft? Worin unterscheiden sich atypischer und typischer stiller Gesellschafter?

Wer als Gesellschafter in ein Unternehmen investiert, hat einen entscheidenden Vorteil: Er kann durch Gewinnausschüttungen, Dividenden oder Kursgewinne vom wirtschaftlichen Erfolg profitieren, ohne Verantwortung und Arbeitsleistung eines Unternehmers auf sich nehmen zu müssen. Allerdings ist er sowohl an Gewinn und Wertsteigerung beteiligt, als auch an möglichen Verlusten.

Wer zwar als Gesellschafter in ein Unternehmen einsteigen möchte, ohne aber Haftung für dessen Verbindlichkeiten übernehmen zu müssen, dem bietet sich eine weitere Möglichkeit: die (typische) stille Gesellschaft.

Was ist eine stille Gesellschaft?

Hier beteiligt sich eine Person – natürlich oder juristisch – an einem bereits bestehenden Handelsgewerbe eines anderen. Die Einlage des stillen Gesellschafters geht in das Vermögen des bereits bestehenden Unternehmens über.

Die stille Gesellschaft verfolgt den Zweck von Beteiligung an Gewinn und Verlust. Sie ist also lediglich eine Möglichkeit der Kapitalbeschaffung.

Die Vorteile:

  • Der stille Gesellschafter tritt nach außen nicht in Erscheinung.
  • Die Haftung ist rein auf seine Einlage begrenzt, er übernimmt also keine Haftung für Verbindlichkeiten der Gesellschaft.
  • Es besteht keine Pflicht zur Mitarbeit.
  • Für den stillen Gesellschafter sind höhere Verzinsungen als bei herkömmlichen Spareinlagen möglich.
  • Gem. § 231 Abs. 2 HGB kann eine Verlustbeteiligung ausgeschlossen werden.

Stille Gesellschaft: Gründung & Vertrag

Um eine stille Gesellschaft zu begründen, müssen beide Gesellschafter einen Gesellschaftsvertrag abschließen, der grundsätzlich formlos umgesetzt werden kann. Es empfiehlt sich allerdings, die Schriftform zu wählen. Sollte die Einlage des stillen Gesellschafters die Einbringung eines Grundstücks vorsehen, so bedarf es nach § 331b Abs. 1 BGB der notariellen Beurkundung des Gesellschaftsvertrags.

Der stille Gesellschafter ist lediglich verpflichtet, seine Einlage zu erbringen. Sein Kontrollrecht (nach § 233 i. V. m. § 166 HGB) entspricht dem eines Kommanditisten: Er hat Anspruch auf Vorlage eines Jahresabschlusses sowie auf Einsicht in die Geschäftsunterlagen zur Prüfung des Abschlusses. Außerdem kann er Auskunft über Gesellschaftsangelegenheiten verlangen. Er selbst ist zu keiner Bilanzierung verpflichtet.

Möchte einer der Beteiligten die stille Gesellschaft auflösen, muss eine gesetzliche Kündigungsfrist von 6 Monaten zum Ende des Geschäftsjahres beachtet werden. In der Regel werden längere Kündigungsfristen vereinbart, um den Unternehmer vor Liquiditätsproblemen zu schützen.

Differenzierung typischer stiller Gesellschafter / atypischer stiller Gesellschafter

Neben dem typischen stillen Gesellschafter gibt es noch eine Sonderform – den atypischen stillen Gesellschafter. Die wichtigsten Unterschiede sind in der folgenden Tabelle zusammengefasst.

Typischer stiller GesellschafterAtypischer stiller Gesellschafter
Einlage geht in das Gesellschaftsvermögen über; Gewinn- und Verlustbeteiligung  Hat Anteil am Gesellschaftsvermögen und ist gleichzeitig beteiligt an Gewinn und Verlust sowie an den stillen Reserven und dem Geschäftswert  
Keine Prokura möglichGeschäftsführung und Vertretung durch Prokura möglich  
Einkünfte aus Kapitalvermögen gem. § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG  Einkünfte aus Gewerbebetrieb gem. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG  
Erhält bei Beendigung der Gesellschaft seine Einlage mit deren Nominalwert zurückErhält bei seinem Ausscheiden bzw. der Auflösung der Gesellschaft nicht nur seine Einlage zurück, sondern partizipiert darüber hinaus auch an den Wertsteigerungen im Betriebsvermögen
Die wichtigsten Unterschiede zwischen atypischem und typischem stillem Gesellschafter

Wie wird die stille Gesellschaft steuerrechtlich behandelt?

Einkommensteuer: Wie aus der Tabelle bereits ersichtlich ist, wird hier zwischen typischem und atypischem stillem Gesellschafter unterschieden. Da der typische stille Gesellschafter nur am Geschäftserfolg und nicht direkt an Wertveränderungen des Vermögens beteiligt ist, fallen die zu versteuernden Gewinnanteile unter Einnahmen aus Kapitalvermögen gem. § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG.

Der atypische stille Gesellschafter hingegen wird als Mitunternehmer betrachtet und muss seine Einnahmen daher gem. § 15 Abs. 1 N2. 2 EStG als Einkünfte aus Gewerbebetrieb deklarieren.

Gewerbesteuer: Ein typischer stiller Gesellschafter ist nicht gewerbesteuerpflichtig. Nur der Gewerbebetrieb, an dem er sich beteiligt hat. Das Entgelt an den typisch stillen Gesellschafter ist bei der Ermittlung des Gewerbeertrags nach § 8 Nr. 1c GewStG hinzuzurechnen; das gilt unabhängig von der gewerbesteuerlichen Behandlung beim Empfänger.

Da der atypische stille Gesellschafter als Mitunternehmer auftritt, ist er auch Träger der Gewerbesteuerpflicht. Daher wird hier der gesonderte und einheitlich festgestellte Gewinn des atypischen stillen Gesellschafters und des Inhabers für die Ermittlung der Gewerbesteuer zugrunde gelegt. Folglich ist – im Gegensatz zum typischen stillen Gesellschafter – keine Hinzurechnung notwendig.

Umsatzsteuer: Da es sich sowohl bei der typischen als auch bei der atypischen stillen Gesellschaft um eine reine Innengesellschaft handelt, sind beide nicht umsatzsteuerpflichtig. Nur der Inhaber des eigentlichen Unternehmens tritt nach außen auf und fällt damit ggf. unter die Umsatzsteuerpflicht. Es sei denn, es ist gem. der Kleinunternehmerregelung befreit.

06.05.2025

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Änderung der Gewinnermittlungsart

Gewinnermittlungsart
Betriebsvermögensvergleich oder Einnahmen-Überschuss-Rechnung? Unter bestimmten Voraussetzungen haben Steuerpflichtige die Wahl und die Möglichkeit, zwischen beiden Gewinnermittlungsarten zu wechseln.

Bei der Gewinnermittlung ist der Betriebsvermögensvergleich (Bilanzierung) der Regelfall. Die sog. Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) hingegen kommt nur bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen in Betracht. Ebenfalls unter bestimmten Voraussetzungen ist auch ein Wechsel zwischen den Gewinnermittlungsarten zulässig.

Vor dem Bundesfinanzhof (BFH) wurde folgender Fall verhandelt:
Der Kläger ermittelte seinen Gewinn durch die sog. Einnahmen-Überschuss-Rechnung. Im Jahr 2012 stellte er die Gewinnermittlung hingegen auf den Betriebsvermögensvergleich um. Dementsprechend reichte der Kläger beim FA – zusammen mit seiner Erklärung über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und der Gewerbesteuererklärung – eine erstellte Bilanz ein.

Im Januar 2019 fand eine Außenprüfung beim Kläger statt, die auch das Streitjahr umfasste. Der Kläger reichte gegen die hieraus resultierenden Steuerbescheide Einspruch ein und legte zur Begründung eine geänderte Gewinnermittlung in Form einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung nebst Übergangsgewinnermittlung zum 01.01.2016 vor.

Das Finanzamt wies die Einsprüche zurück. Auch der BFH bestätigte in seinem Urteil vom 27.11.2024 (Az. X R 1/23; veröffentlicht am 06.02.2025) diese Auffassung. Ein nicht buchführungspflichtiger Steuerpflichtiger hat sein Wahlrecht auf Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich wirksam ausgeübt, wenn er

Die Einnahmen-Überschuss-Rechnung beziehungsweise der Betriebsvermögensvergleich ist zu dem Zeitpunkt erstellt, an dem der Steuerpflichtige sie bzw. ihn fertiggestellt hat und objektiv erkennbar als endgültig ansieht. Nach der Erstellung des Jahresabschlusses kommt folglich die Wahl der Einnahmen-Überschuss-Rechnung nicht mehr in Betracht. Gemessen daran hat der Kläger sein Wahlrecht, den Gewinn für das Streitjahr durch Betriebsvermögensvergleich zu ermitteln, ausgeübt und erfüllt deshalb die Voraussetzungen zur Erstellung einer EÜR nicht mehr. Der Kläger ist insoweit an das von ihm ausgeübte Wahlrecht gebunden. Es ist jedoch unstrittig, dass der Kläger im Streitjahr gesetzlich nicht zum Betriebsvermögensvergleich verpflichtet war.

In Ausnahmefällen hat die Rechtsprechung einen solchen Wechsel zwar zugelassen und dabei an die Grundsätze angeknüpft, die für den Wechsel der Gewinnermittlungsart in aufeinanderfolgenden Jahren gelten. Der Steuerpflichtige bleibt nach einem Wechsel der Gewinnermittlungsart grundsätzlich für drei Wirtschaftsjahre an diese Wahl gebunden. Nur bei Vorliegen eines besonderen Grundes kann er vor Ablauf dieser Frist wieder zurückwechseln. Legt der Steuerpflichtige die Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse und einen vernünftigen wirtschaftlichen Grund für den erneuten Wechsel der Gewinnermittlungsart dar, so kann sogar ein mehrfacher Wechsel der Gewinnermittlungsart für den gleichen Zeitpunkt zuzulassen sein.

Nach diesen Maßstäben war für den Kläger die Änderung der Wahlrechtsausübung allerdings nicht mehr möglich.

05.05.2025

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Erfolglose Verfassungsbeschwerde gegen den Solidaritätszuschlag

Solidaritätszuschlag
Seit dem 01.01.1995 gilt der Solidaritätszuschlag. Eine Beschwerde gegen die Ergänzungsabgabe ist jetzt vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert.

Mit Urteil vom 26.03.2025 (Az. 2 BvR 1505/20)  hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts eine Verfassungsbeschwerde gegen das Solidaritätszuschlaggesetz zurückgewiesen.

Hintergrund & Urteil:

Der zum 01.01.1995 eingeführte Solidaritätszuschlag stellt eine Ergänzungsabgabe im Sinne des Art. 106 Grundgesetz (GG) dar. Der Senat führt in seinem Urteil aus, dass eine solche Ergänzungsabgabe einen aufgabenbezogenen finanziellen Mehrbedarf des Bundes voraussetzt, der durch den Gesetzgeber allerdings nur in seinen Grundzügen zu umreißen ist. Im Fall des Solidaritätszuschlags ist das der wiedervereinigungsbedingte finanzielle Mehrbedarf des Bundes.

Weiter führt der Senat aus, dass ein evidenter Wegfall des Mehrbedarfs eine Verpflichtung des Gesetzgebers begründet, die Abgabe aufzuheben oder ihre Voraussetzungen anzupassen. Insoweit trifft den Bundesgesetzgeber bei einer länger andauernden Erhebung einer Ergänzungsabgabe eine Beobachtungsobliegenheit.

Ein offensichtlicher Wegfall des auf den Beitritt der damals neuen Länder zurückzuführenden Mehrbedarfs des Bundes kann auch heute (noch) nicht festgestellt werden. Eine Verpflichtung des Gesetzgebers zur Aufhebung des Solidaritätszuschlags ab dem Veranlagungszeitraum 2020 bestand und besteht folglich nicht.

Die Verfassungsbeschwerde, mit der sich die Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer gegen die unveränderte Fortführung der Solidaritätszuschlagspflicht und gegen den nur teilweisen Abbau des Solidaritätszuschlags wenden, blieb daher erfolglos.

(Stand: 22.04.2025)

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Muss das Finanzamt einer Umstellung des Wirtschaftsjahres zustimmen?

Urteil
Sind rein steuerliche Gründe für die Umstellung eines Wirtschaftsjahres ausreichend oder nicht? Darüber muss jetzt der BFH entscheiden.

Das Finanzgericht (FG) Münster hat mit Urteil vom 08.08.2024 (Az. 10 K 864/21 AO) entschieden, dass das Finanzamt zustimmen muss, wenn ein Unternehmen das Wirtschaftsjahr ändern will, auch wenn die Umstellung nur aus steuerlichen Gründen erfolgt.

Der Fall:

Eine GmbH innerhalb eines Konzerns wollte ihr Wirtschaftsjahr auf ein abweichendes Wirtschaftsjahr umstellen. Im Rahmen einer gesellschaftsrechtlichen Umstrukturierung sollten damit körperschaftsteuerliche Verluste geltend gemacht werden. Das stellte die Klägerin so auch in einem Schreiben dar, mit dem sie die Zustimmung des Finanzamts zur Umstellung des Wirtschaftsjahres beantragte.

Das Finanzamt lehnte den Antrag mit der Begründung ab, dass eine Umstellung des Wirtschaftsjahres allein aus steuerlichen Gründen nicht zulässig sei. Vielmehr seien betriebliche und wirtschaftliche Gründe erforderlich.

Das Urteil:

Das FG allerdings entschied zugunsten der Klägerin. Die GmbH habe hier einen Anspruch auf Zustimmung des Finanzamts zur Umstellung des Wirtschaftsjahres. Laut Gesetz dürfe das Finanzamt die Zustimmung nur verweigern, wenn die Änderung des Wirtschaftsjahres missbräuchlich ist. Eine Umstellung des Wirtschaftsjahres aus wirtschaftlichen Gründen sei immer möglich. Die Nutzung von steuerlichen Verlusten sei als ausreichender Grund anzusehen. Daher hätte das Finanzamt die Zustimmung nicht verweigern dürfen.

Die finale Entscheidung liegt nun beim BFH: Die Revision gegen das aktuelle Urteil wurde zugelassen (BFH I R 20/24, anhängig seit 20.02.2025).

(Stand: 31.03.2025)

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Mitgliedsbeiträge im Fitnessstudio sind keine außergewöhnlichen Belastungen

Fitnessstudio
Mitgliedsbeiträge für ein Fitnessstudio werden steuerrechtlich nicht als zwangsläufig entstandene Krankheitskosten anerkannt.

Außergewöhnliche Belastungen (agB) liegen dann vor, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen erwachsen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands.

Zwangsläufig erwachsen dem Steuerpflichtigen diese Aufwendungen dann, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann. Ein wesentlicher Anwendungsfall der außergewöhnlichen Belastungen sind Krankheitskosten.

Der Fall:

Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte nun darüber zu befinden, ob zwangsweise entstehende Aufwendungen für die (Teil-)Mitgliedschaft in einem Fitnessstudio – um dort die wöchentlich angebotenen Funktionstrainings in Form von ärztlich verordneter Wassergymnastik in Anspruch nehmen zu können – als außergewöhnliche Belastung steuerlich berücksichtigungsfähig sind.

Der Klägerin war ein Funktionstraining in Form von Wassergymnastik ärztlich verordnet worden. Sie hatte sich für ein Training bei einem Reha-Verein entschieden, der die Kurse in einem für sie verkehrsgünstig gelegenen Fitnessstudio abhielt. Die Kursteilnahme setzte neben dem Kostenbeitrag für das Funktionstraining und der Mitgliedschaft im Reha-Verein auch die Mitgliedschaft in diesem Fitnessstudio voraus.

Die beinhaltete neben der Teilnahme an dem verordneten Funktionstraining allerdings auch die Sauna- und Schwimmbadbenutzung sowie weitere Kurse. Seitens der Krankenkasse wurden nur die Kursgebühren für das Funktionstraining erstattet. Das Finanzamt berücksichtigte lediglich die Mitgliedsbeiträge für den Reha-Verein als außergewöhnliche Belastungen. Ein Abzug der Mitgliedsbeiträge für das Fitnessstudio als außergewöhnliche Belastung lehnte sowohl das Finanzamt als auch das Finanzgericht ab.

Das Urteil:

Der BFH hat mit Urteil vom 21.11.2024 (Az. VI R 1/23) die Auffassung der Finanzverwaltung bestätigt. Grundsätzlich zählen Mitgliedsbeiträge für ein Fitnessstudio nicht zu den als außergewöhnliche Belastungen anzuerkennenden zwangsläufig entstandenen Krankheitskosten.

Der Klägerin seien die Mitgliedsbeiträge auch nicht zwangsläufig deshalb erwachsen, weil sie dem Fitnessstudio als Mitglied beitreten musste, um an dem ärztlich verordneten Funktionstraining teilnehmen zu können. Die Entscheidung zur Absolvierung des Funktionstrainings in dem Fitnessstudio sei in erster Linie Folge eines frei gewählten Konsumverhaltens. Dies könne nach Ansicht des BFH keine steuererhebliche Zwangsläufigkeit begründen.

Dem Abzug der Mitgliedsbeiträge stehe außerdem der Umstand entgegen, dass die Klägerin hierdurch die Möglichkeit erhielt, auch weitere Leistungsangebote zu nutzen. Dies gelte auch dann, wenn die Klägerin davon keinen Gebrauch machte.

(Stand: 24.03.2025)

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Fahrtkosten Leiharbeit: Reisekosten oder regelmäßige Arbeitsstätte

Reisekosten
Das FG Düsseldorf hat entschieden: Leiharbeiter können Fahrtkosten als Reisekosten ansetzen.

Eine erste Tätigkeitsstätte dann liegt vor, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer arbeitsrechtlich einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung dauerhaft zuordnet. In diesen Fällen kann der Arbeitnehmer steuerlich nur die Entfernungspauschale geltend machen.

Liegt hingegen keine erste Tätigkeitsstätte vor, so dürfen die Aufwendungen nach Maßgabe des Reisekostenrechts angesetzt werden. Offen ist gegenwärtig die Frage, ob von einem Leiharbeitnehmer selbst dann ein Kostenabzug nach den Grundsätzen des Reisekostenrechts beansprucht werden kann, wenn zwischen dem Verleiher und dem Mitarbeiter keine zeitliche Befristung des Einsatzes bei einem Entleiher vereinbart wurde.

Hintergrund:
Der Kläger war ab dem 16.08.2021 unbefristet bei einem Personalunternehmen beschäftigt. Er sollte an wechselnden Einsatzstellen bei diversen Kunden tätig werden. Ab dem 16.08.2021 war er bei einem Kunden T eingesetzt. Als geplante Dauer des Einsatzes war zwischen dem Arbeitgeber und dem Mitarbeiter „Ende offen“ festgelegt worden. Bis zum 03.02.2023 war der Kläger bei diesem Kunden eingesetzt. Vom 04.02.2023 bis zum 29.05.2023 war er projektlos und ab dem 30.05.2023 wiederum beim Kunden T tätig. Das Finanzamt berücksichtigte die Fahrtkosten zum Kunden T mit dem privaten PKW des Klägers nur in Höhe der Entfernungspauschale, da es von einer ersten Tätigkeitsstätte ausging.

Das Finanzgericht Düsseldorf ließ mit Urteil vom 20.11.2024 (Az. 15 K 1490/24) hingegen einen Abzug der strittigen Fahrtkosten als Reisekosten zu. Das Gericht betonte zunächst, dass es für eine dauerhafte Zuordnung nicht auf die Vereinbarung zwischen dem Verleiher und dem Entleiher ankomme. Maßgeblich sei vielmehr die Vereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und dem Mitarbeiter, ob der Mitarbeiter unbefristet beim Kunden tätig werden soll. Nach der zwischen Arbeitgeber und Mitarbeiter getroffenen Vereinbarung, wonach das Einsatzende offen sei, spreche tatsächlich alles für einen dauerhaften und unbefristeten Einsatz beim Entleiher.

Ab 01.04.2017 bestimme aber § 1 Abs. 1b des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (kurz: AÜG), dass der Verleiher denselben Leiharbeitnehmer grundsätzlich nicht länger als 18 aufeinander folgende Monate demselben Entleiher überlassen dürfe. Diese Regelung im AÜG löse – entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung – eine zeitliche Befristung aus, die als arbeitsrechtliche Regelung unmittelbar zu beachten sei. Daher könne keine dauerhafte Zuordnung vorliegen.

Die Auffassung des FG Düsseldorf weicht damit von der bisherigen Verwaltungsauffassung und einer anderslautenden Entscheidung des FG München (Urteil vom 21.03.2023 – 6 K 1233/20) ab. Die Entscheidung des FG Düsseldorf ist allerdings die erste FG-Entscheidung, die sich mit einem Arbeitnehmerfall auseinandersetzt, bei dem der Arbeitsvertrag nach Inkrafttreten von § 1 Abs. 1b AÜG abgeschlossen wurde. In dem der Entscheidung des FG München zugrundeliegenden Sachverhalt wurde der Arbeitsvertrag vor Inkrafttreten von § 1 Abs. 1b AÜG abgeschlossen.

Aufgrund des Haftungsrisikos sollten Arbeitgeber gegenwärtig in vergleichbaren Sachverhalten keinen steuerfreien Reisekostenersatz leisten.

Beim Bundesfinanzhof (BFH) ist unter dem Az. VI R 32/24 ein Revisionsverfahren anhängig.

(Stand: 27.02.2025)

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Besteuerung, Bilanzierung, Abschreibung: Wirtschaftliches vs. zivilrechtliches Eigentum

Standort
Wer die wirtschaftliche Sachherrschaft über ein Wirtschaftsgut ausübt, wird steuerrechtlich zum wirtschaftlichen Eigentümer.

Wie wird steuerrechtlich zwischen wirtschaftlichem und rechtlichem Eigentum unterschieden? Das veranschaulichen wir im Folgenden anhand des Beispiels „Leasing“. Außerdem beantworten wir die Frage, warum diese Unterscheidung für Bilanzierende wichtig ist und beleuchten abschließend einen Sonderfall: Inwiefern ist die Abschreibung eines Wirtschaftsguts möglich, ohne Eigentümer zu sein?

Differenzierung zwischen wirtschaftlichem/zivilrechtlichem Eigentümer

Der rechtliche Eigentümer eines Wirtschaftsguts wird auch als zivilrechtlicher Eigentümer betrachtet. Er verfügt rechtlich über den Gegenstand. Der wirtschaftliche Eigentümer hingegen verfügt über die tatsächliche wirtschaftliche Sachherrschaft eines Gegenstands.

Demnach ist das Hauptmerkmal des wirtschaftlichen Eigentümers, dass der rechtliche Eigentümer keine Einwirkung auf das Wirtschaftsgut hat, solange dieses beim wirtschaftlichen Eigentümer in Nutzung ist. (§ 39 AO) 

Anhand des Finanzierungskonzepts „Leasing“ lässt sich das beispielhaft veranschaulichen:

Ein Steuerpflichtiger least ein Fahrzeug bei einem Autohaus. Dadurch wird er zum Leasingnehmer, das Autohaus zum Leasinggeber.
Grundsätzlich ist das Autohaus der (zivil-)rechtliche Eigentümer des Fahrzeugs. Der Steuerpflichtige wird durch den Leasingvertrag ebenfalls zum Eigentümer – nämlich zum wirtschaftlichen. (Vorausgesetz ist hierbei allerdings eine entsprechende Vertragsgestaltung des Leasingverhältnisses. Es sind auch Leasingverträge möglich, aus denen sich eine Zurechnung zum Leasinggeber ergibt.)

Das Hauptmerkmal, nämlich dass der rechtliche Eigentümer (Leasinggeber) für einen bestimmten Zeitraum nicht mehr über die tatsächliche Herrschaft an dem Wirtschaftsgut verfügt, ist gegeben. Denn es befindet sich nun im wirtschaftlichen Eigentum des Leasingnehmers.

Inwiefern ist es steuerrechtlich relevant, wer wirtschaftlicher Eigentümer ist?

Grundsätzlich ist jeder rechtliche Eigentümer zur Bilanzierung und damit auch zur Bewertung und Abschreibung für Abnutzung (AfA) berechtigt. Das heißt: Jedes Unternehmen, das einen Gegenstand rechtmäßig erworben hat, darf ihn auch abschreiben.

Hat der rechtliche Eigentümer allerdings keine tatsächliche Herrschaft über das Wirtschaftsgut, da ein anderer der wirtschaftliche Eigentümer ist, so wird der Gegenstand beim wirtschaftlichen Eigentümer bilanziert. Dieser kann dann auch Abschreibungen steuermindernd berücksichtigen.

Sonderfall: AfA-Befugnis ohne Eigentum?

Grundsätzlich können also nur rechtliche oder wirtschaftliche Eigentümer auch Abschreibungen auf Wirtschaftsgüter vornehmen.

Mit einer Ausnahme: Tätigt ein Steuerpflichtiger Aufwendungen für ein fremdes Wirtschaftsgut im eigenen Interesse, so steht ihm möglicherweise auch eine AfA-Befugnis zu, ohne dass er rechtlicher oder wirtschaftlicher Eigentümer ist.

In der Praxis könnte dieser Fall folgendermaßen aussehen:

Unternehmer A vermietet sein unbebautes Grundstück an Unternehmer B. A ist demnach sowohl rechtlicher als auch wirtschaftlicher Eigentümer.

Errichtet nun Unternehmer B eine Lagerhalle auf diesem fremden Grundstück, ist nicht sofort klar, wer dieses Gebäude abschreiben darf. Da Unternehmer B die Aufwendungen zur Herstellung der Lagerhalle getragen hat, könnte die Möglichkeit bestehen, dass auch er die Kosten abschreiben darf. Sofern hier ein wirtschaftliches Eigentum vom Unternehmer B auszuschließen wäre, würde dann eine AfA-Befugnis ohne Eigentum vorliegen. Für eine abschließende Beurteilung kommt es aber auf die genauen vertraglichen Vereinbarungen an.

(Stand: 19.02.2025)

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Pauschbeträge für Sachentnahmen für das Kalenderjahr 2025

Essen
Pauschbeträge für Sachentnahmen 2025: Das sind die aktuellen Werte

Im Januar hat die Finanzverwaltung die für das Jahr 2025 geltenden Pauschbeträge für unentgeltliche Wertabgaben (Sachentnahmen) bekanntgegeben.

Diese Werte werden auf der Grundlage der vom Statistischen Bundesamt ermittelten Aufwendungen privater Haushalte für Nahrungsmittel und Getränke festgesetzt. Mit ihrer Hilfe können Steuerpflichtige Warenentnahmen monatlich pauschal verbuchen. Diese Regelung dient der Vereinfachung und lässt keine Zu- und Abschläge zur Anpassung an die individuellen Verhältnisse zu.

GewerbezweigJahreswert für eine Person ohne Umsatzsteuer
1. Januar bis 31. Dezember 2025
Ermäßigter SteuersatzVoller SteuersatzInsgesamt
Bäckerei1.6332091.842
Fleischerei/Metzgerei1.4535552.008
Gaststätten aller Art   
a) mit Abgabe von kalten Speisen1.4231.0342.457
b) mit Abgabe von kalten und warmen Speisen2.2921.7534.045
Getränkeeinzelhandel120270390
Café und Konditorei1.5735852.158
Milch, Milcherzeugnisse, Fettwaren und Eier (Eh.)7040704
Nahrungs- und Genussmittel (Eh.)1.3633601.723
Obst, Gemüse, Südfrüchte und Kartoffeln (Eh.)375165540
Quelle: BMF-Schreiben vom 21.01.2025

(Stand: 17.02.2025)

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Erschütterung des Anscheinsbeweises für eine private Kfz-Nutzung

Fahrtenbuch
Der BFH hat darüber geurteilt, inwieweit ein nicht ordnungsgemäß geführtes Fahrtenbuch den Nachweis einer privaten Kfz-Nutzung beeinträchtigen kann.

Die private Nutzung eines Fahrzeugs, das zu mehr als 50 % betrieblich genutzt wird, ist grundsätzlich nach der sog. 1 %-Methode zu versteuern.

Der Fall: Der Kläger erzielte Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit. Er leaste einen BMW 740d X Drive. Die Leasingkosten sowie weitere Fahrzeugaufwendungen machte er in voller Höhe als Betriebsausgaben geltend. Zusätzlich leaste er einen Lamborghini Aventador, den er mit einer Werbefolie versah. Auch die Aufwendungen für dieses Fahrzeug machte er in voller Höhe als Betriebsausgaben geltend. Für beide Autos führte der Kläger handschriftlich Fahrtenbücher. Neben den beiden o. g. Fahrzeugen hatte der Kläger noch zwei weitere im Privatvermögen – einen Ferrari 360 Modena Spider und einen Jeep Commander.

Das Finanzamt erkannte die Fahrtenbücher des Klägers nicht an und erhöhte – unter Anwendung der 1 %-Regel – dessen Einnahmen um die Entnahmen für die Privatnutzung des Lamborghini sowie des BMW. Die hiergegen gerichtete Klage hatte in erster Instanz keinen Erfolg. Die Richter des BFH allerdings hoben das Urteil auf und wiesen die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück.

Der Beweis des ersten Anscheins für eine private Nutzung betrieblicher Fahrzeuge wird im Regelfall noch nicht erschüttert, wenn lediglich behauptet wird, für privat veranlasste Fahrten hätten private Fahrzeuge zur Verfügung gestanden. Er kann aber erschüttert sein, wenn für private Fahrten ein anderes Fahrzeug zur Verfügung steht, das dem betrieblichen Fahrzeug in Status und Gebrauchswert vergleichbar ist.

Entsprechendes gilt, wenn im Privatvermögen und im betrieblichen Bereich jeweils mehrere Fahrzeuge zur Verfügung stehen. Dabei ist der für eine Privatnutzung sprechende Anscheinsbeweis umso eher erschüttert, je geringer die Unterschiede zwischen den Fahrzeugen ausfallen. Denn bei einer Gleichwertigkeit der Fahrzeuge sei keine nachvollziehbare Veranlassung ersichtlich, für Privatfahrten das Dienstfahrzeug zu nutzen.

Das Urteil: Der Bundesfinanzhof (BFH) entschied, dass bei der Prüfung, ob der für eine private Nutzung betrieblicher Fahrzeuge streitende Anscheinsbeweis erschüttert ist, sämtlich Umstände berücksichtigt werden müssen. Ein Fahrtenbuch dürfe dabei nicht von vornherein mit der Begründung außer Betracht gelassen werden, es handele sich um ein nicht ordnungsgemäßes Fahrtenbuch (BFH-Urteil vom 22.10.2024 – VIII R 12/21).

(Stand: 10.02.2025)

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Grünes Licht für eingekürzten Entwurf: Steuerfortentwicklungsgesetz beschlossen

Buch
Kindergeld, Kinderfreibetrag, Grundfreibetrag, Solidaritätszuschlag – mit diesen Anpassungen soll das Steuerfortentwicklungsgesetz die kalte Progression ausgleichen.

Einen Tag nach dem Bundestag hat auch der Bundesrat am 20.12.2024 dem Steuerfortentwicklungsgesetz (SteFeG) zugestimmt. Mit den Maßnahmen soll unter anderem die „kalte Progression“ ausgeglichen werden. Folgende Regelungen wurden nun verabschiedet:

  • Anhebung Kindergeld ab 01.01.2025 von 250 auf 255 € monatlich
  • Anhebung Kindergeld ab 01.01.2026 auf 259 € monatlich
  • Anhebung Grundfreibetrag um 312 auf 12.096 € im Jahr 2025
  • Anhebung Grundfreibetrag ab 2026 um weitere 252 auf 12.348 €
  • Anpassung der übrigen Eckwerte des Einkommensteuertarifs
  • Anhebung Kinderfreibetrag für den VZ 2025 um 60 auf 6.672 €
  • Anhebung Kinderfreibetrag ab dem VZ 2026 um 156 auf 6.828 €
  • Anhebung Freigrenzen beim Solidaritätszuschlag für den VZ 2025 und ab 2026

Die weiteren, im ursprünglichen Gesetzentwurf vorgesehenen Maßnahmen wurden nicht mehr umgesetzt. Das betrifft u. a. die folgenden Regelungen:

  • Überführung der Steuerklassen III und V in das sog. Faktorverfahren
  • Reform der Sammelabschreibungen (5.000 Euro, 3 Jahre)
  • Fortführung der degressiven Abschreibung im Zeitraum 2025 bis 2028
  • Einführung einer neuen Sonderabschreibung für reine Elektro-Fahrzeuge

(Stand: 22.01.2025)