Besteuerung, Bilanzierung, Abschreibung: Wirtschaftliches vs. zivilrechtliches Eigentum

Wie wird steuerrechtlich zwischen wirtschaftlichem und rechtlichem Eigentum unterschieden? Das veranschaulichen wir im Folgenden anhand des Beispiels „Leasing“. Außerdem beantworten wir die Frage, warum diese Unterscheidung für Bilanzierende wichtig ist und beleuchten abschließend einen Sonderfall: Inwiefern ist die Abschreibung eines Wirtschaftsguts möglich, ohne Eigentümer zu sein?
Differenzierung zwischen wirtschaftlichem/zivilrechtlichem Eigentümer
Der rechtliche Eigentümer eines Wirtschaftsguts wird auch als zivilrechtlicher Eigentümer betrachtet. Er verfügt rechtlich über den Gegenstand. Der wirtschaftliche Eigentümer hingegen verfügt über die tatsächliche wirtschaftliche Sachherrschaft eines Gegenstands.
Demnach ist das Hauptmerkmal des wirtschaftlichen Eigentümers, dass der rechtliche Eigentümer keine Einwirkung auf das Wirtschaftsgut hat, solange dieses beim wirtschaftlichen Eigentümer in Nutzung ist. (§ 39 AO)
Anhand des Finanzierungskonzepts „Leasing“ lässt sich das beispielhaft veranschaulichen:
Ein Steuerpflichtiger least ein Fahrzeug bei einem Autohaus. Dadurch wird er zum Leasingnehmer, das Autohaus zum Leasinggeber.
Grundsätzlich ist das Autohaus der (zivil-)rechtliche Eigentümer des Fahrzeugs. Der Steuerpflichtige wird durch den Leasingvertrag ebenfalls zum Eigentümer – nämlich zum wirtschaftlichen. (Vorausgesetz ist hierbei allerdings eine entsprechende Vertragsgestaltung des Leasingverhältnisses. Es sind auch Leasingverträge möglich, aus denen sich eine Zurechnung zum Leasinggeber ergibt.)
Das Hauptmerkmal, nämlich dass der rechtliche Eigentümer (Leasinggeber) für einen bestimmten Zeitraum nicht mehr über die tatsächliche Herrschaft an dem Wirtschaftsgut verfügt, ist gegeben. Denn es befindet sich nun im wirtschaftlichen Eigentum des Leasingnehmers.

Inwiefern ist es steuerrechtlich relevant, wer wirtschaftlicher Eigentümer ist?
Grundsätzlich ist jeder rechtliche Eigentümer zur Bilanzierung und damit auch zur Bewertung und Abschreibung für Abnutzung (AfA) berechtigt. Das heißt: Jedes Unternehmen, das einen Gegenstand rechtmäßig erworben hat, darf ihn auch abschreiben.
Hat der rechtliche Eigentümer allerdings keine tatsächliche Herrschaft über das Wirtschaftsgut, da ein anderer der wirtschaftliche Eigentümer ist, so wird der Gegenstand beim wirtschaftlichen Eigentümer bilanziert. Dieser kann dann auch Abschreibungen steuermindernd berücksichtigen.
Sonderfall: AfA-Befugnis ohne Eigentum?
Grundsätzlich können also nur rechtliche oder wirtschaftliche Eigentümer auch Abschreibungen auf Wirtschaftsgüter vornehmen.
Mit einer Ausnahme: Tätigt ein Steuerpflichtiger Aufwendungen für ein fremdes Wirtschaftsgut im eigenen Interesse, so steht ihm möglicherweise auch eine AfA-Befugnis zu, ohne dass er rechtlicher oder wirtschaftlicher Eigentümer ist.
In der Praxis könnte dieser Fall folgendermaßen aussehen:
Unternehmer A vermietet sein unbebautes Grundstück an Unternehmer B. A ist demnach sowohl rechtlicher als auch wirtschaftlicher Eigentümer.
Errichtet nun Unternehmer B eine Lagerhalle auf diesem fremden Grundstück, ist nicht sofort klar, wer dieses Gebäude abschreiben darf. Da Unternehmer B die Aufwendungen zur Herstellung der Lagerhalle getragen hat, könnte die Möglichkeit bestehen, dass auch er die Kosten abschreiben darf. Sofern hier ein wirtschaftliches Eigentum vom Unternehmer B auszuschließen wäre, würde dann eine AfA-Befugnis ohne Eigentum vorliegen. Für eine abschließende Beurteilung kommt es aber auf die genauen vertraglichen Vereinbarungen an.
(Stand: 19.02.2025)